Naturschutzhaus e.V.

logo naturschutzhaus e.v.
Naturschutzhaus e.V.
Wiesbaden, Rheingau-Taunus

Amphibienkartierung

Kartierung der Amphibienlaichgewässer in Wiesbaden und dem Rheingau-Taunus-Kreis

Eine erste Bewertung von Richard Abt und Rainer Pietsch
(Zwischenbericht vom 13.12.96)

Vorrangiges Ziel der Amphibienkartierung für das Jahr 96 war es, zunächst alle potentiellen Laichgewässer zu lokalisieren, um dann im Folgejahr nochmals gezielt bestimmte Punkte anzulaufen und genauer zu untersuchen.

Im Verlauf der Kartierung waren dabei die potentiellen Laichgewässer relativ leicht zu erfassen. Im März konnten die Naßzonen und Wasserflächen gut erkannt werden, da die Vegetation noch sehr niedrig war. So ließen sich zu diesem Zeitpunkt die bevorzugten Laichgewässer des Grasfrosches gut und eindeutig lokalisieren. Bei einer zweiten Begehung des jeweiligen Kartierungsgebietes Anfang April wurden diese Stellen wieder aufgesucht, und es zeigte sich schon gelegentlich eine Überdeckung der Laichgewässer des Grasfrosches mit denen der Erdkröte. Mit etwas Übung und Glück konnten hier ggf. auch Schwanzlurche (Molche und Salamander) bestimmt werden.

Anhand eines Steckbriefes über den Biotoptyp und die Umgebung wurden aber auch potentielle Lebensräume von selteneren Amphibienarten gesucht und erfaßt. Diese Flächen wurden dann in einer Nachkartierung genauer untersucht, wobei eine gezielte Bestimmung speziell in den Abendstunden mit Taschenlampe und Amphibienstimmen-CD erfolgte.

Ein weiteres Ziel der Kartierung war jedoch nicht nur die Bestandserfassung, sondern auch die Feststellung von Gefährdungen lokaler Populationen durch Eingriffe jeglicher Art. Ebenso stellt das Sammeln von Vorschlägen zur Schaffung von neuen Laichgewässern bzw. Retentionsflächen in Verbindung mit Ablaichmöglichkeiten eine für die praktische Naturschutzarbeit wichtige Ergänzung der Untersuchung dar. Da die wissenschaftlichen Auswertungen noch nicht vorlagen, basieren die in diesem Artikel getroffenen Aussagen zunächst nur auf subjektiven Beobachtungen verschiedener Kartierer.

So waren in der Vergangenheit das Amphibienvorkommen und die Laichgewässer nach Einschätzung vieler Kartierer wesentlich breiter über den größten Teil unserer Landschaft in Wbn. und Rhg.- Ts. gestreut. Betrachtet man unsere Wiesentäler und Talauen, so stellt man meist fest, daß durch die Nivellierung der Landschaft z.B. Flutmulden, Altarme, Überschwemmungszonen und Feuchtwiesen weitgehend verschwunden sind oder durch technischen Ausbau der Gewässer ihre Eignung als Laichplatz verloren haben. Demgegenüber stehen angelegte Fischteiche (oft in ökologisch wertvollen Flächen), die durch starken Fischbesatz, fehlenden Uferbewuchs und fehlende Flachwasserzonen nur für wenige Amphibienarten relevant sind.

Gerade bei der Erdkröte ergibt sich dabei der Eindruck, daß sich zwar insgesamt der Bestand an Tieren nicht unbedingt verkleinert hat, jedoch eine Konzentration auf wenige, große Laichgewässer stattfindet. Aus vielen kleinen Populationen haben sich durch den Wegfall der natürlichen Gegebenheiten und die Anlage von Fischteichen punktuell sehr große Bestände gebildet, bei denen Probleme durch Straßenzerschneidungen sehr auffällig zutage treten und entsprechende Amphibienschutzanlagen erforderlich machen (Lorch, Strinz-Margarethä, Wi- Auringen).

Für weniger anpassungsfähige Arten waren dagegen Entwässerung und technische Ausbaumaßnahmen das absolute Aus. So haben sich, wenn nicht ohnehin ausgesetzt, bestimmte Amphibienarten nur noch als isolierte Restpopulation gehalten (Kammolch / Wi - Igstadt, Kreuzkröte/ Geisenheim, Geburtshelferkröte / Nauroth i.Ts.).

Krötenweibchen trägt Männchen huckepack

Dabei könnte bei den genannten Beispielen leicht durch Regenerationsmaßnahmen oder Neuanlage von Wasserflächen die Lebensbedingungen verbessert und die Populationen damit stabilisiert werden. In solch augenscheinlichen Fällen wurden auch schon im Vorgriff zur Auswertung entsprechende Vorschläge an die Unteren Naturschutzbehörden und den Landschaftspflegeverband weitergeleitet.

Generell lassen die bereits vorliegenden Ergebnisse der Laichplatzkartierung und die Beurteilung der Biotopstrukturen bereits jetzt den Schluß zu, daß ein großes Defizit an Laichgewässern zu verzeichnen ist. Berücksichtigt man die Wanderungsentfernungen der einzelnen Amphibienarten und die Entfernungen der gefundenen Gewässer, so zeigen sich sehr oft unüberwindbare Entfernungen, so daß man von einer zunehmenden Isolierung der einzelnen Populationen ausgehen kann (fehlende Biotopvernetzung).

Bemerkenswert ist auch daß als Gründe für den Rückgang von den ortskundigen Kartierern häufig Beispiele für Eingriffe in Feuchtgebiete im Zusammenhang mit einer landwirtschaftliche Nutzung genannt wurden. In der Vergangenheit wurden z.B. im Fischbachtal, Hausen und Strintz - Trinitatis viele Wiesen unabhängig von der topografischen Gegebenheiten mit Drainagen versehen, um eine landwirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen. So wurde selbst in staunassen Wiesen mit zeitweise stark anstehendem Wasser (Hangdruckwasser, Quellhorizonte) versucht zu entwässern. - Dies mißlang, und so werden heute diese Flächen in keiner Weise genutzt, sind aber für den Naturschutz entwertet. Eine Regeneration solcher Bereiche mit besonderer Berücksichtigung der Pflanzengesellschaften, aber auch der umliegenden Nutzung erscheint hier sinnvoll. Konkrete Maßnahmen wären hier: das Stillegen der Drainagen, Anlage kleiner Tümpel, bzw. Ausbau als Retentionsraum (Fischbachtal).

Schwieriger wird eine Regeneration, wenn die Entwässerung mit einer zusätzlichen Düngung verbunden war (z.B. Tst- Neuhof). Hier kommen die ursprünglichen, auf Naßwiesen spezialisierten Arten fast nur noch in Fragmenten vor, sie sind den konkurrenzstarken Arten gewichen. Kleinere Bestände, auch seltener Arten, halten sich meist nur noch im direkten Bereich von Quellaustritten, da hier die Wirkung von Düngereinträgen abgemildert wird.

Viele Feuchtgebiete wurden auch durch eine unsachgemäße Weideführung zerstört. Zum einen werden die Weideflächen meist mit Tieren überbesetzt, zum anderen verbleiben die Tiere zu lange auf der Fläche, die dann nur noch zur Schlammwüste wird (z.B.Erlenbach, Tst - Neuhof). Andere Gebiete wurden sogar regelrecht als Standweide mit Zufütterung genutzt, wobei jeder Pflanzenbewuchs zum Erliegen kam. Der überwiegende Teil der genannten Fälle betrifft dabei die zunehmende Hobby- und Pensionpferdezucht, aber auch ökologisch wirtschaftende Betriebe mit landschaftspflegenden Hochlandrindern werden in sensiblen Bereichen schnell zum Problem, wenn diese die Flächen zu stark beweiden (Walluftal, Heidenrod Wisper, Weilburger Tal).

Bei den Fließgewässern wurde häufig eine starke Tiefenerosion beobachtet (z.B. Hausen - Gladbach, Leierbach). Gerade bei noch naturnahen Bächen, die weder über natürliche noch künstliche Sohlenbefestigung verfügen, deuten die Beschaffenheit und der Bewuchs der Bachufer darauf hin, daß diese starke Tiefenerosion erst seit jüngster Vergangenheit stattfindet. Durch das schnelle, ungehemmte und ungebremste Abfließen der Wassermassen, selbst bei normalen Niederschlägen, in einer von Drainagen durchsetzten Landschaft, ist hier in Zukunft mit einer weiteren Verstärkung zu rechnen.

Als Folge davon fallen in diesen Gebieten zwangläufig Überflutungszonen weg, wodurch das Wasserrückhaltevermögen ganzer Landschaftsteile extrem herab gesetzt wird. Sehr viele solcher Überflutungszonen, die auch als Laichgewässer relevant waren, dürften dadurch verloren gegangen sein. In einigen, geeigneten Bereichen wäre daher, auch im Hinblick auf den Hochwasserschutz, eine Anhebung der Bachsohle z.B. mittels Schüttung empfehlenswert, um eine noch stärkere Entwässerung der Landschaft zu verhindern.

Insgesamt läßt sich sagen, daß daß sich der Zustand unserer Feuchtgebiete direkt auch im Rückgang der Amphibienlaichgewässer ausdrückt. Umgekehrt wirkt sich eine Umsetzung der hier vorgeschlagenen Maßnahmen nicht nur auf den Amphibienbestand, sondern auch auf andere Tiere und Pflanzen der Feuchtgebiete, sowie den gesamten Wasserhaushalt unseres Gebietes aus. Viele der hier genannten Beispiele lassen sich auf andere Bereiche übertragen. Weitere, konkrete Angaben über Möglichkeiten vor Ort können auf Anfrage beim Naturschutzhaus e. V. gemacht werden. Es bleibt zu hoffen daß wenigstens ein Teil davon auch umgesetzt wird.